Wolfgang Bosbach: „Hausordnung muss für alle gelten“

13.01.2017

„Hausordnung muss für alle gelten“ - Wolfgang Bosbach spricht Klartext auf dem Neujahrsempfang des CDU Kreisverbands Pinneberg.

Von Bernd Amsberg, Elmshorner Nachrichten

Etwa 500 Gäste waren beim CDU-Neujahrsempfang zugegen. Wolfgang Bosbach nutze seinen Besuch und fand klare Worte.

PINNEBERG | Es gibt bei Parteitagen dieses seltsamen Ritual: Der Redner hat einen bestenfalls mittelprächtigen Vortrag gehalten. Dennoch muss das Parteivolk möglichst lange klatschen, um nach außen Begeisterung zu demonstrieren. Das war beim CDU-Neujahrsempfang im Pinneberger Cap Polonio völlig anders: Die rund 500 Gäste applaudierten lange – diesmal aber freiwillig und aus tatsächlicher Begeisterung. Denn der Gast, der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach, hatte rund 45 Minuten Klartext gesprochen. Und das kam bestens an.

Ungewohnte Töne gleich am Anfang: Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks sei in Deutschland viel erreicht worden. Trotz anfänglicher Fehleinschätzungen über die wirtschaftliche Lage in der ehemaligen DDR gebe es mittlerweile die einst vorhergesagten blühenden Landschaften. „Darauf können wir stolz sein. Das hat mit Nationalismus nichts zu tun. Das ist Patriotismus, Vaterlandsliebe. Und das ist eine gute Sache“, sagte der CDU-Politiker.

Mittlerweile, so seine Analyse, habe es allerdings den Anschein, die Welt sei aus den Fugen geraten. Vor allem der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine macht ihm Sorgen: „Das ist der erste Versuch nach dem 8. Mai 1945 mit militärischen Mitteln neue Grenzen in Europa zu ziehen.“ Die Unverletzbarkeit der Grenzen ist für Bosbach die Basis für Frieden und Freiheit. Dennoch, so sein klares Bekenntnis, „kann dieser Konflikt nur mit Diplomatie gelöst werden“.

Im Mittelpunkt seiner Rede stand die Flüchtlingspolitik. Dabei machte er klar: „Bei uns leben über vier Millionen Muslime. Die meisten sind friedlich und rechtstreu.“ Sorgen machen ihm rund 40.000 Islamisten und 8000 Salafisten. „Wir sind liberal und tolerant. Aber um Himmelswillen nicht gegenüber denen, die uns gegenüber auch nicht tolerant sind.“

Die Anerkennung der hier geltenden Regeln ist für Bosbach alternativlos. „Egal, welche Herkunft, Hautfarbe oder Religion jemand hat – hier haben alle die gleiche Rechte. Allerdings gilt hier unsere Werteordnung. Das ist unser Grundgesetz und das ist nicht verhandelbar“, sagte er unter großem Beifall. „Wenn jemand nach der Scharia leben möchte, müsse dem gesagt werden: „Dafür hast du dir das falsche Land ausgesucht. Dann musst du eben zurück. Die Hausordnung muss für ausnahmslos alle gelten.“ Tendenzen, die eigenen Traditionen aus falsch verstandener Toleranz zu verleugnen, erteilte der Christdemokrat eine Absage: „Wenn wir aus einem Weihnachtsmarkt einen Wintermarkt machen, ist das nicht die Schuld der Muslime. Das machen wir selbst. Wenn wir unser Werte nicht selbst verteidigen, werden es andere nicht für uns tun.“

Kritik an den EU-Staaten
Scharf kritisierte Bosbach die Flüchtlingspolitik der ander EU-Staaten. Deutschland habe mehr Menschen Schutz geboten, als alle anderen EU-Länder zusammen. Sieben Länder hätten sogar nur maximal 1000 Flüchtlinge aufgenommen. Diese sieben Ländern würde allesamt finanzielle Unterstützung aus den EU-Töpfen bekommen. Bosbach hält deshalb Kürzungen für sinnvoll. „Solidarität kann nicht nur Nehmen sein.“ Denn für den CDU-Mann steht fest: „Auch Deutschland hat nur begrenzte Aufnahme- und Integrationskraft.“ Letzter Punkt der Rede Bosbachs war die Digitalisierung und der damit verbundene Wandel der Wirtschaft. Der Rheinländer machte ihn an einem Beispiel deutlich: „Bei jeder achten Ehe in den USA haben die Partner im Internet Kontakt geknüpft. Ich habe meine Frau beim Rosenmontagszug kennengelernt.“ Für die Kinder bedeute die Zukunft „Bildung, Bildung und nochmal Bildung. Ein rohstoffarmes Land wie Deutschland müsse in Wissenschaft und Forschung investieren.“ Oder, anders ausgedrückt: „Wer nichts im Boden hat, muss was in der Birne haben.“ Sonst wird es laut Bosbach nicht gelingen, den Sozialstaat in seiner jetzigen Ausrichtung zu halten.

Der Unions-Politiker hielt seine komplette Rede frei, ohne Manuskript. Und er kam ohne Attacken auf den politischen Gegner aus. Bosbach scheidet im Herbst aus dem Bundestag aus, zum Bedauern seiner Zuhörer. „Der Mann war wirklich brillant“, so das Urteil eines Gastes. Schlusswort des neuen Kreisvorsitzenden Christian von Boetticher: „Wir haben heute einen großartigen Politiker erlebt. Du hast uns gezeigt, was wir an der hatten, was wir an dir haben und was wir mit Dir verlieren werden.“